1500 bis 1939 (8/15)
Auf dem Hügel wird es geschäftig
Funde aus dieser Periode sind sehr viel häufiger als die älteren. Es scheint, dass das Dorf am Fuß des Hügels erst in der Neuzeit eine nennenswerte Population entwickelte.
Mit Ausnahme einer einsamen Glocke am Nordende der abgesuchten Fläche konzentrieren sich alle Funde auf den Totenkopfhügel. Entlang des ehemaligen Weges ist die Funddichte besonders hoch.
Die Funde von 1500-1850 sind grün, die von 1850-1939 gelb dargestellt. Maßstab: Die Funde 1 und 7 (östlicher Rand des südöstlichen Plateaus) lagen 10 m voneinander entfernt.
Mit dem Detektor suchte ich den Punkt ab, an dem der ehemalige Weg den höchsten Punkt erreicht. Ich dachte an nichts besonderes und schwang die Suchspule hin und her, so wie in den 30 Minuten davor, die keine nennenswerten Funde lieferten. Meine Bewegungen waren ziemlich mechanisch und mein Geist nicht besonders wach.
Beep. Beeeeeeep.
Hmm, ein Eisenobjekt, etwa von der Größe einer Getränkedose. Moderner Müll? Ohne große Begeisterung fing ich an zu graben. Nur 10 cm unter der Erdoberfläche traf ich auf Stein. Das ist typisch für diesen Hügel, da liegen überall Steine herum. Ungewöhnlich war nur, dass ich zunächst die Ränder des Steines nicht finden konnte. Das Loch wurde erweitert. Das war kein normaler, runder Stein, sondern eine quadratische Platte. Mein Herzschlag beschleunigte sich und mein Gehirn schaltete von Standby auf aktiv. Ein einsames Hügelplateau und ein Objekt unter einer alten Steinplatte - das schien ein absichtlich verborgenes Objekt zu sein. Ein Schwert, oder vielleicht ein Dolch? Nach mehreren weiteren Minuten hatte ich das Loch soweit erweitert, dass ich die Kanten der Steinplatte sehen konnte. Ich hob sie langsam auf. Sie war etwa 40cm x 40cm x 8 cm groß und aus Naturstein. Siehe Bild unten. Die Oberfläche war uneben und zeigte keine Ritzungen oder Inschriften.
Handgeschmiedeter Nagel
Unter der Platte war dunkle Erde. Ich durchsuchte sie mit meinem kleinen Kabeldetektor, erhielt ein Signal und fand - einen Nagel. Aber ein alten, handgeschmiedeten Nagel und in nahezu perfekter Erhaltung. Und es gab noch mehr. Einen nach dem anderen zog ich heraus. Am Ende hatte ich etwa 25 Nägel, in gebrauchsfähigem Zustand, etwa 500 Jahre alt. Das Alter wurde später von einem Museum bestätigt. Die meisten waren etwa 8 cm lang.
Nagel in Fundzustand.
Nägel auf der Steinplatte
Das Bild zeigt die Nägel auf der Steinplatte, unter der sie verborgen waren.
Nägel der Haupttypen, gereingt
Drei verschiedene Nageltypen.
Gruppenbild gereinigte Nägel
Fund 16. Gruppe von 25 Nägel, 500 Jahre alt, gereingt.
Dieser Fund ist nicht einfach zu erklären. Es scheint doch unwahrscheinlich, dass jemand 25 Nägel unter einer Steinplatte verliert. Aber ein absichtliches Verstecken erscheint auch unwahrscheinlich. Selbst vor 500 Jahren war der Wert der Nägel ziemlich begrenzt. Es ist kaum vorstellbar, dass in Krisenzeiten ein Bewohner des nahegelegenen Dorfes seiner Frau angesichts eines heranrückenden Feindes zurief: "Wir können uns jetzt keine große Gedanken über die Kinder oder das Geld zu machen. Worauf es jetzt ankommt, ist das Retten der Nägel!"
Die einzige Erklärung, die ich anbieten kann, ist ziemlich schwach. Beim Graben in der Näge von Fundpunkt 16 hatte ich den Eindruck, dass der Grund künstlich planiert und mit einer harten Oberfläche versehen wurde. Es scheint, als habe jemand eine Schicht aus Steinplatten verlegt. Die von mir entfernte Platte passte so nahtlos zwischen die umgebenden Platten, dass ich sie hinterher nicht mehr richtig hineinbekam. Das deutet auf eine Art Fundament hin, aber trotz einer sehr gründlichen Suche fand ich keine metallenen Spuren einer verfallenen Konstruktion. Eine Holzkonstruktion hätte mehr Nägel in der unmittelbaren Umgebung hinterlassen. Es gab aber keine. Wie dem auch sei, vielleicht verlor ein Arbeiter einen Beutel mit Nägeln, als er den Steinboden verlegte. Der Beutel verging.
Überall auf dem Totenkopfhügel fand ich weitere Nägel des alten Typs. Alle waren isolierte Funde.
So viel zu der etwas bizarren Fundgeschichte. Leser mit einer besseren Erklärung sind eingeladen, diese mitzuteilen. Aber nun genug von Nägeln.
Weitere Funde entlang des ehemaligen Weges werden später diskutiert werden.
(Nachtrag: Es handelte sich wahrscheinlich um ein Bauopfer. Vor der industriellen Revolution waren Eisenwaren deutlich teurer als heute. Anmerkung T.S.)
Vorderladerkugeln
Der Hügel war geradezu übersät mit Vorderladerkugeln Kaliber 10 mm. Der kleine Durchmesser schließt einen militärischen Hintergrund aus. Jemand hatte Lust gehabt, dort etwas herumzuballern, vermutlich im 18. Jhd., das so viele historische Änderungen gesehen hat. In Frankreich kam es zur Revolution, die USA wurden unabhängig, und es war die Zeit von Mozart und Freidrich dem Großen. Auf dem Totenkopfhügel schoss jemand auf Kaninchen.
Bayerische Kupfermünze 1796
Auf den südlichen Hängen fand ich diese hübsche Kupfermünze von 1796. Sie zeigt, dass Metall auf dem Hügel nur wenig korrodiert. Üblicherweise korrodieren Kupfermünzen unter süddeutschen Verhältnissen relativ schnell.
Fund 27 Bayerischer 1 Pfenning Kupfermünze 1796
Fragment frühe Handgranate
Auf den östlichen Hängen fand ich dieses Fragment einer frühen Granate oder Handgranate. Originaldurchmesser ca. 8 cm. Ursprünglich bezeichnete der militärische Begriff "Grenadiere" die (ausgesucht kräftigen) Männer, die Handgranaten warfen.
Fund 24: Fragment einer frühen Granate 1500-1850
Ich frage mich, ob an diesem Platz mal ein Gefecht stattfand, von dem ich nichts wusste. Es wurden aber keine weiteren Fragmente oder sonstigen militärischen Funde gemacht. Da Granatfragmente normalerweise auf ein Schlachtfeld oder einen Schießplatz hinweisen, ist das ein interessanter Fund.
Axt mit Adlersymbol
Nicht weit von dem Granatfragment wurde diese Axt gefunden.
Fund 25: Axt
Natürlich sind Äxte in Wäldern übliche Funde. Die ist nicht einmal besonders alt, wahrscheinlich 19. Jhd. . Sie ist kein industrielles Produkt. Die Wände der Stielaufnahme variieren in der Stärke. Ungewöhnlich ist jedoch das Symbol, das sie trägt.
Axt Symbol Detail
Nahaufnahme des Symbols bzw. der Schmiedemarke (Fund 25).
Die Marke hat die Gestalt eines Adlers. Adler sind nicht das Symbol privater Firmen, sondern des Herrschers oder Staates. Vielleicht wurde diese Axt von einer Armee, den Waldbehörden, oder von Feuerwehrmännern benutzt. Es gelang mir nicht ihre Herkunft zu klären.
Objekte aus Eisen und Keramik
Ein weiterer unklarer Fund wurde an den südöstlichen Hängen gemacht.
Fund 26: Fragmente von Dachschindeln und ungewöhnliche Nägel. AA Batterie als Größenmaßstab.
Obwohl diese Funde im gleichen Loch gemacht wurden, bin ich nicht sicher, ob sie aus der gleichen Zeit stammen. Die Keramikfragmente sind Teile einer Dachschindel, die aufgrund ihrer Form "Biberschwanz" genannt wurde. Sie waren handgemacht. Man kann sogar die Spuren des Fingers des Arbeiters auf dem linken Objekt sehen. Biberschwanz-Dachschindeln sind etwa seit 1500 in Gebrauch.
Die langen Nägel haben einen quadratischen Querschnitt. Der Nagel unten hat ein Loch im Kopf. Als ich diese Objekte zu einem Museum brachte, hielt man sie dort für modernen Schrott, wenn auch freundlichere Wörter benutzt wurden. Man erwähnte keine spezifische Periode, hatte aber offensichtlich das 20. Jhd. im Kopf, vielleicht noch das 19. Jhd. . Vielleicht stimmt das auch. Aber ich bin nicht davon überzeugt.
Die Nägel (falls das lange Teil ein Nagel ohne Kopf ist) wurden handgeschmiedet. Ich glaube einfach nicht an das 20. Jhd. .
Murus gallicus Nägel
Im Museum werden diese 2000 Jahre alten "murus gallicus" (lateinisch für Gallische Mauer) Nägel ausgestellt. Cäser erwähnte sie in seinem Buch "Bello gallico" ("Der gallische Krieg"), um 50 v.Chr. geschrieben.
Diese Nägel ähneln dem langen Fund.
Ehemaliger Weg
In diesem Geländeeinschnitt fanden sich so viele Funde, dass darin einst höchstwahrscheinlich ein Weg verlief. Die Funddichte war so hoch, dass die Fundkarte stark vergrößert werden musste, um sie auseinanderhalten zu können.
Ehemaliger Weg auf Karte, vergrößert
Durch die Vergrößerung wurde die Karte unscharf, die Fundsymbole jedoch nicht. Das ist einer der Vorteile von Kartensoftware.
Weil der Geländeeinschnitt so klein ist, erscheint er nicht auf der ursprünglichen Höhenlinienkarte. Weil er so wichtig ist, habe ich ihn als gestrichelte Linie hinzugefügt. Das ist ein Beispiel für eine begrenzte Genauigkeit der Karten.
Maßstab: Fund 28 und Fund 44 liegen 21 m entfernt.
Die meisten Funde sind nicht spektakulär. Viele Vorderladerkugeln, einige alte Nägel, eine Zimmermannsaxt, ein Hotelschlüssel des 19. Jhd. , ein Vorhängeschloss des 19. Jhd.. Drei Dinge sind aber ungewöhnlich.
Die Funde 43 und 45 sind multiple Funde (mehrere Gegenstände in einem Loch), wie der Buchstabe 'M' im Kommentar ausweist. Zu Fund 43 - halb verdeckt unter Fund 42 - gehörten mehr als 10 abgefeuerte Vorderladerkugeln. Es waren so viele, dass ich nicht alle ausgrub. Jemand übte dort das Schießen.
Mögliche geborstene Kanonenmündung
Fund 60 könnte Teil einer geborstenen Kanonenmündung sein. Ein weiterer Hinweis auf ein Gefecht vor Jahrhunderten? Die große Wandstärke in Relation zum Kaliber könnte jedoch auch auf etwas anderes hinweisen.
Nach umfangreichen Recherchen scheint es wahrscheinlicher, dass das keine richtige Kanone, sondern eine Böllerkanone war. Diese Kanonen feuerten keine Projektile, sondern sollten zu Feiern nur Krach machen. Es scheint, als habe jemand zu viel Pulver benutzt. Für ihn war das wohl das Ende der Party.
Waffenversteck
Oben wurde erwähnt, dass eine geheimnissvolle Nagelgruppe beim oberen Ende des Altweges gefunden wurde. Ein anderer aufregender Fund wurde am unteren Ende gemacht. Fund 31.
An der Wurzel eines Baumes war ein großer Stein. In der Nähe des Steines erhielt ich ein starkes Signal. Nach dem Entfernen von Blättern und Steinen fand ich einen kleinen Revolver. Er war nur 12 cm lang, so dass ich ihn zunächst für ein Spielzeug hielt. Er schien weder Hahn noch Abzug zu besitzen. Aber er war aus Stahl und nicht aus Zink. Wenn er ein Spielzeug war, dann von ungewöhnlicher Qualität. Seltsam. Bei der erneuten Sondierung der Lochs schlug der Detektor wieder aus. Es war ein zweiter Revolver. Wenn man von vorne auf die Kammern schaute, sah man patinierte Geschossköpfe. Das waren keine Spielzeuge, das waren Revolver Kaliber 22.
Zwei Revolver Kaliber 22
Waffenhort Fund 31. Fundzustand. Zwei Revolver mit kleinem Kaliber. Vermutlich Kaliber .22 / 5.6 mm
Die Waffe oben hat einen hölzernen Griff. Die andere hat einen Griff aus Kunststoff, eventuell Bakelit.
Diese Waffen datieren in die 1880-1920 Periode. Jeder durfte damals in Deutschland solche Waffen besitzen. Sie wurden auch im Versandhandel verkauft. Erst in den 1920er Jahren schränkten erste Waffengesetze den Waffenbesitz ein. Heute braucht man eine Waffenbesitzkarte für alle Schusswaffen mit Ausnahme einschüssiger Vorderlader mit einem Konstruktionsjahr vor 1871.
Man konnte der Abzug nach vorne klappen. Das obere Modell had einen verborgenen Hahn als Sicherheitsmerkmal. Auch heute haben einige Waffenmodelle dieses Merkmal.
Ich liebe den Nervenkitzel absichtlich verborgene Gegenstände zu finden. Während des Ausgrabens spürt man den Intellekt des Verbergers, der genau diese Entdeckung verhindern wollte. Das ist so viel persönlicher als das Finden von z.B. einer verlorenen Münze.
Die Revolver repräsentieren eine der interessantesten Perioden in der europäischen Geschichte. Als sie der ursprüngliche Eigentümer erwarb, wahrscheinlich zwischen 1880 und 1910, war Europa die führende Region der Welt. Wissenschaften, Künste und die Wirtschaft blühten. Der österreichische Kaiser Franz Josef war ein freundlicher alter (zumindest in 1910) Mann, der in Wien lebte. Es war die Periode, die viele die "gute alte Zeit" nennen.
Unter der gesellschaftlichen Oberfläche gab es jedoch viele politischen Probleme. Zwar ebnete der Sieg der großen deutschen Staaten wie Preußen über Frankreich 1871 den Weg zur Gründung des Deutschen Reichs. Aber er riss auch eine Wunde, die drei Generationen nicht heilen sollte. Im Sommer 1914 fühlte sich der freundliche alte Mann verpflichtet, einem Land den Krieg zu erklären, das so klein war, das sein Name keine Erwähnung wert ist. Da alle wesentlichen europäischen Mächte untereinander Bündnisverträge hatten, traten sie alle innerhalb von Wochen in den Krieg ein, der damals "der große Krieg" genannt wurde und heute der Erste Weltkrieg heißt. Das war der Anfang vom Abstieg Europas. 31 Jahre und zwei schreckliche und in jeder Hinsicht extrem teure Kriege später hatte es seine führende Position an die USA verloren.
Obwohl die Revolver etwa 100 Jahre alt sind, wurden sie wahrscheinlich später vergraben. Unter normalen Umständen gehen Leute schlicht nicht in den Wald um Waffen oder Gegenstände zu vergraben. Dieses Verhalten ist typisch für eine Krise. Die kam 50 Jahre nach der Fertigung der Waffen.
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